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Philadelphia


 

Die Stadt der brüderlichen Liebe, wie sie übersetzt heißt, wurde am 27. Oktober 1682 von William Penn gegründet. Die meisten Amerikaner nennen diese Stadt aber einfach liebevoll Philly. Philadelphia ist eine der Geschichtsträchtigsten Städte der Vereinigten Staaten, so wurden hier zwei Nationalkonvente abgehalten, die später zur Unabhängigkeitserklärung am 4. Juli 1776 führten, die hier unterschrieben wurde.

 

Von 1790 bis 1800 war sie die Hauptstadt der noch jungen USA und bis 1790 auch die einwohnerreichste Stadt der Staaten, abgelöst von New York. Heute ist Philadelphia mit ca. 1,6 Millionen Einwohnern die 6. größte Stadt des Landes und die zweitgrößte an der Ostküste.

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Independence Hall

Eigentlich 1748 als State House für die damals noch britische Kolonie Pennsylvania gebaut wurde das Gebäude Zeitzeuge wichtiger politischer Ereignisse. Hier tagte der zweite Kontinentalkongress, also Vertreter aller 13 Kolonien, die über die Zukunft debattierten. Etwas, das in einer Welt in der Weisungen direkt aus England erfolgten, nur als Putschversuch zu deuten war. Die Vertreter arbeiteten im Jahr 1776 auch die Unabhängigkeitserklärung aus, welchen dann von allen Vertretern am 4. Juli 1776 unterzeichnet wurde. Und den Grundstein für die heutigen USA legten. 

 

Nach dem Unabhängigkeitskrieg erkannten die Zeitgenossen den historischen Wert des Gebäudes zunächst nicht und ließen zunächst Charles Willson Peale ein Museum in den oberen Stockwerken eröffnen. Ausgestellt waren ausgestopfte Vögel, präparierte Insekten und einige Mineralien. Thomas Jefferson gab noch ein paar Mitbringsel der Expedition von Lewis und Clark mit drein, jedoch blieb das historische des Gebäudes zunächst unbeleuchtet. 

Erst mit dem Staatsbesuch des Marquis de La Fayette im Jahr 1827, einem französischen Kriegshelden der Revolution, putzte man den alten Glanz des Gebäudes wieder hervor und benannte des Saal in dem die Unabhängigkeitserklärung unterschrieben wurde, dem "Room, where it happend", als "Hall of Independence".

Seit 1951 ist das gesamte Gebäude als Historic Site unter der Obhut des National Park Service und Bürger des Landes sowie Gäste aus aller Welt können nun den Geburtsort der Nation besuchen. Der Eintritt ist kostenfrei.

 

Liberty Bell

Die Glocke des Turms, heute als Liberty Bell bekannt, ertönte, während die Unabhängigkeitserklärung vorgelesen wurde. Jedoch erhielt sie zwischen 1817 und 1864 einen Riss. Seitdem ist sie zwar noch ein Wahrzeichen der Stadt und Symbol der amerikanischen Freiheit, doch nicht mehr die Glocke der Independence Hall. Die Liberty Bell wird nun in einem Gebäude gegenüber aufbewahrt und kann ebenfalls besichtigt werden.

 

Love Sign

Auf dem John F. Kennedy Platz befindet sich das beliebteste Fotomotiv der Stadt. Eine Skulptur mit den 4 Buchstaben „L O V E“ - Love, das Symbol für die brüderliche Liebe der Stadt. 

 

Philly Cheesesteak

Viele Italiener fanden in Philadelphia ihre neue Heimat. in den 1930er Jahren arbeiteten viele von ihnen im Hafen von Hog Island und aßen belegte Sandwiches, so genannte Hoagies. Besonders beliebt waren mit Rindfleischstreifen belegte Brote, die den Hunger der harten Arbeit stillten. Die Brüder Pat und Harry Olivieri erkannten diesen Trend und wandelten ihren Hot Dog Verkaufsstand sukzessive auf Steaksandwiches um und konnten durch den Erfolg ihr erstes Restaurant, das "Pats - King of Steaks" eröffnen. Auf ein Cheesesteak kommt neben Rindersteak Käse (Whiz, Provolone oder American Cheese) und wahlweise Zwiebeln, die man mit Wit oder Wit-Out (Philly Slang) hinzufügt oder verneint.  Die Enkelkindern haben mittlerweile den alten Laden der Familie übernommen oder eigene Filialen in Philadelphia eröffnet, was zu Streitigkeiten führte, die erst vor Gericht geklärt werden konnten. Im Windschatten dieser Familien-Fäde konnte sich die ewige Konkurrenz von "Geno´s", welche sich seit 1966 direkt neben dem Restaurant "Pat´s - King of Steaks" befindet, zum besten Cheesesteak-Restaurant Philadelphias hocharbeiten. Michael genoss dieses Markenzeichen der Stadt. Ein Whiz Wit mit Mushrooms.

 

Der 4th of July


Die Parade am 4. Juli

Schon in den Wochen vor dem 4. Juli gab es viele Veranstaltungen in der Stadt, die auf den Geburtstag des Landes hinarbeiteten und heute sollten sie in freiem Eintritt in Museen, einer Straßenparade, einem großen Stadtkonzert und dem berühmten Feuerwerk ihren krönenden Abschluss finden.  Die Parade begann um 11 Uhr und wir waren auch pünktlich in der Stadt, jedoch nicht am Beginn der Strecke, sondern im Warm-Up Bereich der Teilnehmer, was wir erst später bemerkten. Dadurch verpassten wir einen Teil der Parade, die gespickt war mit alten Kostümen von Truppen des Unabhängigkeitskrieges. Wir bekamen aber Einwanderergruppen der Philippinen, aus Korea, oder Bolivien zu sehen, die in Traditionsvereinen hier in den USA ihre Bräuche aufrechterhalten, Königen verschiedener Miss-Wahlen, die manchmal aus voller Kehle patriotische Lieder sangen, oder auch nur aus einem Cabrio heraus winken, verschiedene Gruppen von Sportvereinen und auch Abteilungen von Polizei und Feuerwehr der verschiedenen Stadtbezirke. 

 

Benjamin Franklin Parkway

Die Prachtallee der Planstadt Philadelphia verbindet die City Hall mit dem Philadelphia Museum of Arts, aka den Treppenstufen, die Rocky Balboa zu dem machten was er ist. Die Allee ist nach einem der Gründerväter der Vereinigten Staaten benannt, der neben seiner politischen Kariere auch als Erfinder des Blitzableiters bekannt ist.

In Boston geboren, aber in Philadelphia zu Rang und Namen gekommen und im Alter gestorben, ist er bis heute ein Aushängeschild der Stadt. An den Seiten der Straße säumen sich viele Sehenswürdigkeiten der Stadt, wie Museen, die Kathedrale St. Peter and Paul, einige Fontänen, Denkmäler und Skulpturen.

 

An diesem 4. Juli waren Absperrungen und Einlasskontrollen um den Parkway gezogen, um Sicherzustellen, das keine Glasflaschen, Feuerwerkskörper oder Waffen in den Bereich kommen können, der Eventfläche für den ganzen Tag war.  Es gab viele Fressbuden mit lächerlich teurem Essen, ein paar Attraktionen wie Glücksrad, eine Zipline und eine kleine Bühne mit Livemusik. Viele Familien nahmen das Angebot der Stadt an und verbrachten eine schöne Zeit am Parkway.

 

Jason Derulo - Das "kostenlose" Stadtkonzert

Die Stadt hatte zusammen mit Wawa (einer Convenience Store-Kette) ein Konzert auf die Beine gestellt, dass den Bürgern zu gute kommen sollte. Es wurde als Höhepunkt vor dem Feuerwerk beworben, dass freien Eintritt versprach. Es stellte sich aber heraus, dass auf der Fläche Benjamin-Franklin-Parkway es einen Bereich vor der Bühne für "VIP" gab und etwa 500m entfernt hinter einem Wellenbrecher Zaun Boxen und Leinwandübertragungen für den Rest von Philadelphia bereit standen. Schon bei den Warm-Up Acts wurde klar, das Ton und Bildübertragung nicht zu einander passten und mehr als eine Sekunde auseinander Lagen. In manchen Bereichen war die Überlappung des Tons von der Bühnen und aus den Boxen bei den Leinwänden so groß, das es keinen Sinn machte sich dort aufzuhalten. Einige kreischende Teens und (zumindest an diesem Tag) flammende Fans von Jason Derulo versuchten heraus zu finden, wie man wohl an ein Ticket gelangen könnte, aber ohne Erfolg. Der Eindruck, dass hier die Stadt und die Sponsoren sich hier selbst einen VIP-Bereich geschaffen haben, blieb. 

Das eintrittsfreie Konzert konnte daher also nur als eintrittsfreie Konzertübertragung gesehen werden. 

 

Jason Derulos Auftritt kam bei vielen in der Menge gut an. Wir ertappten uns dabei, das wir praktisch alle seiner Songs kannten, ohne doch jemals Fan gewesen zu sein. Internationale Plattenfirmen und seelenlose Radiosender machen es möglich. Nach 45 Minuten seines mehr als 10-Jährigen Lebenswerks waren wir erlöst und freuten uns auf das sagen umwobene Feuerwerk.

 

Ein paar Minuten Feuerwerk - Schießerei - Massenpanik 

Um 21:45 sollte das große Feuerwerk beginnen. Aufgeregt bewegten sich viele Menschen weiter nach vorn um einen freien Blick zu haben. Wir standen noch immer an der Absperrung hinter dem VIP-Bereich und der Bühne und warteten gespannt wie wohl dieser Abschluss der Feierlichkeiten ausgehen würde. Würde doch noch die Nationalhymne gespielt werden, die den ganzen Tag nicht einmal erklang, oder würde Katy Perry´s "Fireworks" aus den Boxen ertönen? Es war nun 21:45 und es kam keines der beiden Lieder, sondern Miley Cyrus "Party in the USA" lärmte aus den Lautsprechern. Die Leute um uns herum schienen mit der Musikwahl aber durchaus zufrieden und sangen oder summten mit. Die ersten Effekte stiegen in den Himmel und es war wie jedes große Stadtfeuerwerk. Keine besonderen Effekte, die man nicht als verwöhnter Europäer so kennt. Kurz um es war ein gewaltiges Feuerwerk. Nur ein Helikopter der mit Suchscheinwerfer um das Feuerwerk kreiste und waghalsige Manöver flog war etwas, das wir so noch nie gesehen haben. Doch das sollte, auch wenn die Menge erst noch darüber jubelte, nicht Teil der Show sein. Polizisten und Securitys rannten wenige Minuten nach Beginn des Feuerwerks wie wild vor der Absperrung von links nach rechts und zurück. Nichts ahnend doch verwundert tauschten wir und andere Schaulustige fragende Blicke aus. Nur wenige Momente später verließen einige aufgeregt das Zuschauerfeld und einer der Flüchtigen sagte dann auch warum: "There has been a shooting, one Officer got shot." Aber erst als ein weiterer Zaungast wenig später hektisch das Gelände verließ mit den Worten "Active Shooter!! Active Shooter!" , schaltete die Menge und dann auch wir. Panik brach aus und alle versuchten so schnell es geht weg vom Benjamin Franklin Parkway in die Innenstadt zu kommen. Das ganze geschah aus purem Fluchtinstinkt, denn keiner von uns wusste wo der Schütze sich aufhält, es war einfach nur der bekannte Weg nach draußen, den alle noch vor ein paar Stunden auf das Gelände nahmen, der nun als logischer Ausweg aus dem Chaos in den Sinn kam. Gleich zu Beginn der Massenpanik stolperte Melisse über eine umgestoßene Absperrung und schlug sich das Knie auf. Es dauerte einige Sekunden bis sie wieder auf den Beinen stand und flüchten konnte. Mit zitternden Händen kamen wir erst wieder am Logan Square in der Nähe des "Love-Sign" aus dem Tunnel der Panik. Das Feuerwerk setzte noch zum Grande Finale an und erhellte die menschenleere Allee vor dem Museum of Arts.  Wir fragten Passanten, was genau geschehen war, so ganz genau wusste es wenn auch noch keiner. Zwei Polizisten wurden angeschossen und der Täter sei nicht gefasst. Wir sahen viele schwarze Frauen, die am Telefon jemanden dazu aufriefen unbedingt und auf direktem Weg nach Hause zu gehen. Wir denken, dass es Mütter waren, die ihre jugendlichen Söhne in Sicherheit wissen wollten, denn auf dem Rückweg sahen wir viele Gruppen schwarzer Jugendlicher die aufgeputscht von der Stimmung der Stadt die spürbare Spannung in Downtown suchten.  Wir hofften bloß, dass nicht wie schon in anderen Fällen, die Polizei einfach einen Schwarzen als Sündenbock verhaftet und diese Nacht noch in Rassenunruhen den ultimativen Tiefpunkt finden würde. Etwas, das in den USA leider schon öfter passiert ist. Auch so war der Rückweg schon einschüchternd genug. In der Nähe  der Liberty Bell und dem Visitor-Center auf der Market Street sahen wir eine Schlägerei zwischen zwei dieser Jugendgruppen und mehr als einmal wechselten wir die Straßenseite um nicht zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Es fühlte sich aber auch so schon nicht mehr richtig an hier zu sein. Irgendwann, nach 3 Kilometern, gaben wir das gehen auf und riefen uns ein Taxi. Wir zahlten 35€ für weitere 3 Kilometer Weg aus aber es fühlte sich richtig an das Geld für das Gefühl von Sicherheit zu bezahlen.

 

Keine Lust auf mehr auf die Stadt der brüderlichen Liebe

Die Ereignisse des 4. Juli hatten uns schwer zu schaffen gemacht. Nach einer schlaflosen Nacht, in der wir in jedem Auto das neben uns auf dem Walmart Parkplatz vorbei fuhr, einen potentiellen Irren mit Waffe vermuteten, ließ uns auch am Morgen dieses Gefühl nicht wirklich los.

 

Wir hatten noch nicht die Liberty Bell, den Reading Terminal Market oder die "Rocky Steps" gesehen. Die Lust diese und weitere Orte der Stadt noch zu sehen konnten wir leider nicht mehr an diesem Dienstag den 5. Juli aufbringen. Wir fuhren noch über die Brücke nach Camden in New Jersey und fotographierten die Skyline, fuhren danach aber auf schnellstem Wege aus der Stadt an eine ruhige Stelle am Deleware River und versuchten das Geschehene zu verarbeiten. Wir gingen all die Momente im Kopf durch in denen wir Unbehagen oder Angst in den USA hatten. Dachten an die Momente in denen wir Sicherheitsvorkehrungen trafen, damit wir nicht Diebstahl, Raub oder Gewalt zum Opfer fallen würden. Wie wir jeden Tag mit verschiedenen Internetseiten und Apps uns über die Sicherheit eines Stadtteils oder Ortes Gedanken gemacht haben, um Tagsüber unseren Wagen ruhigen gewissen stehen lassen oder Nachts gut schlafen zu können. Das wir nun an einem Feiertag bei einer öffentlichen Veranstaltung teil einer Massenpanik nach einem Shooting wurden, ließ uns fragend und fassungslos zurück. Wie kann man so viele Waffen im eigenen Land frei verkaufen lassen? Wie kann man es zulassen, dass im reichsten Land der Erde frustrierte Menschen oder psychisch Kranke eine Waffe kaufen können, aber nicht den Zugang zu einem Psychologen bekommen? Wie kann man es zulassen, das im Land, dass jedem das Streben nach Glück verspricht einzelne Gruppen systematisch diskriminiert werden? Kaum mehr als einen Monat im Land stellen wir uns also die gleichen quälenden Fragen, die sich auch viele andere in den USA stellen. Bislang ohne Antwort, wie man es hier friedlich Lösen könnte. Dieses Land scheint auf einem Fundament aus Gewalt, Geldgier und Rassismus gegründet worden zu sein, dass bis heute in großen Teilen besteht.

Die beiden getroffenen Polizisten waren schon nach kurzer Zeit wieder auf den Beinen. Der eine war nur an der Schulter leicht getroffen, der andere hatte Glück, dass die Kaliber 40 Kugel in seiner Polizeikappe stecken geblieben und nur leicht seinen Kopf verletzt hatte. Ein Täter ist auch knapp einen Monat nach der Tat noch nicht ermittelt worden. Am gleichen Tag wurden in einem Vorort bei Chicago bei einer Parade sieben Menschen getötet und 30 verletzt. So ging die Meldung von Philadelphias Shooting unter. Wir fragten uns wie viele andere Menschen wohl heute ein bedrohliches Erlebnis durch Waffengewalt erlebt haben, dass nicht in den Nachrichten landen würde.

Im Schnitt kommt es in den USA zu mehr als einem Mass-Shooting pro Tag, also einem Ereignis mit mehr als 3 Verwundeten durch Waffengewalt.

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